In Würde leben bis zuletzt: die Hospizidee.

Der Tod und das Sterben sind in unserer Gesellschaft noch immer Tabuthemen. Viele Menschen verdrängen den Gedanken an ihr Lebensende. Alte oder chronisch kranke Menschen, die Angst vor Schmerzen, Abhängigkeit und Hilflosigkeit quält, fühlen sich oft genauso alleingelassen wie Angehörige sterbender Menschen. Hier setzt die Hospiz- und Palliativbewegung an. Ihre Grundidee: Jeder Mensch soll geborgen, begleitet von verständnisvoller mitmenschlicher Zuwendung und möglichst schmerzfrei – und das heißt in Würde – sterben können.

Den Tagen mehr Leben geben

Eines wissen wir sicher: Wir werden sterben. Und doch trifft viele Menschen die Nachricht, dass für sie diese letzte Lebensphase begonnen hat, ganz unvorbereitet. Andere setzen sich mit dem Sterben – dem eigenen und dem ihrer Nächsten und Liebsten – lange und intensiv auseinander. Doch auch sie haben oft Angst – nicht nur vor Schmerzen, sondern davor, die Kontrolle über den eigenen Körper und über das eigene  Leben zu verlieren. Vor dem Alleinsein. Vor dem Ausgeliefertsein. Davor, ihre Angehörigen zu belasten. Vor den vielen Abschieden von Vertrautem, Kostenbarem – von geliebten Menschen.

Manche Menschen haben so viel Angst vor dem Sterben, dass sie sich das Leben nehmen.

Das Sterben ist nicht leicht. Natürlich nicht. Die Hospiz- und Palliativbewegung will erreichen, dass Menschen auch ihre letzten Monate und Wochen als wertvolle und lebenswerte Zeit erleben können. Ganz im Sinne von Cicely Saunders, der Begründerin der modernen Hospizbewegung. Sie hat gesagt: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Und dies gelingt den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Hospiz- und Palliativteams überall auf der Welt jeden Tag wieder.

Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben.

Die Hospiz- und Palliativbewegung betrachtet den Menschen ganzheitlich. Und genauso umfassend sind ihre Methoden. Das Gespräch ganz ohne Zeitdruck ist genauso wichtig wie die Medikamente, die Schmerzen lindern. Den schwerstkranken Menschen ernst zu nehmen, seine Wünsche zu respektieren, ist ebenso selbstverständlich wie die Wundbehandlung. Und nicht nur der kranke, sterbende Menschen wird unterstützt und begleitet, sondern auch seine Angehörigen – und auch über seinen Tod hinaus, in der Zeit der Trauer.

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Geschichte der Hospizidee

Im frühen Mittelalter beherbergten Hospize (von lat. Hospitium: Herberge) nicht nur Pilger; sie boten auch Schutz, Unterkunft und Pflege z. B. für alte und kranke Menschen. Diesen Gedanken griff die britische Ärztin, Krankenschwester und Sozialarbeiterin Cicely Saunders auf, als sie in den 60er-Jahren die moderne Hospizbewegung begründete. Sie entwickelte Grundlagen einer ganzheitlichen Betreuung und Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen. Saunders begriff das Sterben als Teil des Lebens. Sie setzte sich für Lebensqualität und Selbstbestimmung auch im letzten Lebensabschnitt ein.

Entwicklung in Deutschland

Das Sterben war früher kaum Thema des Medizinstudiums oder der pflegerischen Ausbildung. Das Augenmerk galt der Verlängerung des Lebens, oft um jeden Preis. Die Lebensrettung galt wichtiger als die Lebensqualität. In den 80er-Jahren fasste die Hospizbewegung auch in Deutschland Fuß. Die ersten Hospize und Palliativstationen entstanden. Von Anfang an wurden sie in enger Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtlichen Kräften mit Leben erfüllt. Sie machten sich dafür stark, das Sterben von seinem Tabu zu befreien: Sie sprachen über das Sterben, nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern offen und laut. Und sie traten dafür ein, dem sterbenden Menschen seine Würde zurückzugeben. Die quälenden Symptome seiner Erkrankung zu lindern, ihm zuzuhören, seine Bedürfnisse und Sorgen ernst zu nehmen – und nicht nur seinen kranken Körper zu behandeln und zu pflegen, sondern ihm auch psychosoziale Unterstützung und spirituelle Begleitung anzubieten.

Patientin liegt in Krankenhausbett; eine Pflegekraft hält ihre Hand.

Hospiz- und Palliativbewegung in Bayern

In Bayern fand die Hospizbewegung starken Widerhall. 1980 entstanden die ersten Hospizdienste. Heute engagieren sich mehr als 25.000 Mitglieder in Hospivereinigungen, viele Tausend arbeiten ehrenamtlich als Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter. Zahlreiche Hospizdienste, stationäre Hospize und Palliativstationen kümmern sich um schwerstkranke und sterbende Menschen.

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Aktuelle Fakten & Trends

  • 76 Prozent der Menschen in Deutschland würden gerne zu Hause sterben. Nur 20 Prozent sterben tatsächlich daheim (Quelle: Bertelsmann-Stiftung, Faktencheck Palliativversorgung 2015).
  • Die Hospiz- und Palliativbegleitung konzentriert sich im Durchschnitt auf die letzten sechs Monate im Leben eines Menschen.
  • Früher wurden Palliativmediziner erst hinzugezogen, wenn ein Patient als „austherapiert“ galt – d. h., wenn keine Heilbehandlung mehr anschlug. Die moderne Medizin arbeitet nach dem Konzept der „Early Integration“. Die palliative, also lindernde Behandlung soll frühzeitig begleitend einsetzen.
  • Länger (gut) leben: Menschen, die (frühzeitig) palliativmedizinisch und -pflegerisch betreut werden, genießen nicht nur eine höhere Lebensqualität, sondern leben teilweise auch länger. Darauf deutet eine Studie am Massachusetts General Hospital in Boston/USA hin.

Filmtipp: „Sterben geht anders“

Foto: Ausschnitt aus dem Film „Sterben geht anders“
Für den Bayerischen Hospiz- und Palliativverband hat die Meisterklasse Philine von Sell der MHMK München den Spot „Sterben geht anders“ entwickelt.

Hier gehts zum Video

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Im Porträt

Warum entscheiden sich Menschen dafür, die Begleitung Sterbender zu ihrem Beruf zu machen? Und woraus schöpfen sie ihre Motivation? Ein Gespräch mit Katarina Theissing, Pflegekraft im stationären Hospiz und Dozentin für Palliative Care und Hospizarbeit …

Weiterlesen: Porträt Katarina Theissing.

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